PROJEKT CH+
«Es ist höchste Zeit, dass wir in die ethischen Seiten der Technik investieren»
Pax engagiert sich aus Überzeugung für nachhaltige Entwicklungen in den Dimensionen Ökonomie, Soziales und Ökologie. Weil nur nachhaltig wirtschaftende Unternehmen langfristig Erfolg haben können. Darum unterstützt Pax mit der gleichen Überzeugung die Swiss Sustainability Challenge der Fachhochschule Nordwestschweiz, die sich an junge Unternehmen und Teams richtet, die sich mit ihren Projekten für Nachhaltigkeit einsetzen. Zum Beispiel PROJEKT CH+, 2019 mit dem 2. Platz ausgezeichnet.
Politische Selbstbildung über digitale Kanäle
PROJEKT CH+, aktiv seit 2019, entwickelt Apps als Wahlhilfen, um die politische Selbstbildung über digitale Kanäle einfacher zugänglich zu machen. Damit die Apps neutral, nützlich und einfach zu benutzen sind, werden diese partizipativ, demokratisch und interaktiv entwickelt. „Wir müssen lernen, die Digitalisierung für demokratische Zwecke zu nutzen“, sagt Sophie Walker, Initiantin und Projektleiterin des PROJEKT CH+.
Direkter Kontakt mir Kandidierenden für junge Menschen wertvoll
Die Demokratien weltweit scheinen in Gefahr. Sie entwickeln mit PROJEKT CH+ Applikationen für mehr Durchblick in der Schweizer Demokratie. Müssen wir das Wesen der Demokratie neu entdecken, um unsere demokratischen Freiheiten wieder wertzuschätzen?
Sophie Walker: Ich denke, dass wir lernen müssen, die Digitalisierung für demokratische Zwecke zu nutzen. Wir sehen viele Negativ-Beispiele was Datenhandel, Datenschutz, Radikalisierung und Meinungsmanipulation angeht. Es ist höchste Zeit, dass wir in die ethischen Seiten der Technik investieren. Insbesondere bei CivicTech, der Civic Technology, in der es darum geht, Menschen in demokratischen Systemen mit digitalen Werkzeugen zu unterstützen, sehe ich viel Potential.
Was macht PROJEKT CH+?
Im PROJEKT CH+ entwickeln wir Apps, die politische Informationen auf einfache, übersichtliche Art darstellen und Zusammenhänge spielerisch aufzeigen. Wir haben in der Schweiz den Luxus, dass Informationen zu Kandidierenden und dem Parlament öffentlich zugänglich sind. Allerdings sind diese Informationen zu einem grossen Teil nicht so aufbereitet, dass sie einfach verständlich sind. Das wollen wir ändern.
An wen richten sich die beiden Wahlhilfen CH+App und DOPE Elections?
Mit unseren Apps wollen wir Leute ansprechen, die in digitalen Welten zuhause sind: Digital Natives. Anstatt in Werbeflyern und Infobroschüren gibt es bei uns alle Infos digital. Die CH+App ist ein Powertool für Leute, die einen besseren Überblick über das politische System haben wollen, DOPE Elections ist eine Spielerei, bei der es darum geht, zu experimentieren und Spass zu haben.
Was ist bei PROJEKT CH+ unter einem "demokratischen Entwicklungsprozess" zu verstehen?
Wir haben die CH+App und DOPE Elections von Wahl zu Wahl weiterentwickelt, mit Leuten aus verschiedenen Kantonen: Uri, Basel-Stadt, Neuchâtel, Freiburg, Bern, Zug, Zürich und selbstverständlich auch auf eidgenössischer Ebene. Studierende, Schülerinnen und Schüler und Freiwillige konnten die Konzepte der Apps durch Umfragen und Workshops mitbestimmen.
Wie und wann sind Sie auf die Idee gekommen, Games für Demokratie zu entwickeln? Und: warum?
Ich bin in verschiedenen Ländern aufgewachsen – Deutschland, Ägypten, Indonesien, Niederlande, Island und in der Schweiz – und konnte so verschiedene Systeme erleben. Die Demokratie der Schweiz ist einzigartig und unschätzbar wertvoll. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass sie uns und vielen zukünftigen Generationen erhalten bleibt.
Sie bieten mit PROJEKT CH+ nicht nur digitale Wahlhilfen an, sondern auch Live-Events. Was erleben Sie dabei? Welche Wünsche verbinden gerade junge Menschen mit der Demokratie?
Der direkte Kontakt mit Kandidierenden oder amtierenden Leuten aus der Politik wird von den meisten jungen Leuten als sehr wertvoll wahrgenommen. Mittlerweile haben wir im Rathaus des Kantons Bern zwei Speed Dating Events mit Schulklassen und Mitgliedern des Grossen Rats des Kantons Bern durchgeführt. Hier stand nicht Politik im Zentrum, sondern ein auf Augenhöhe stattfindender Kontakt zwischen Menschen. Es war eine Plattform für Begegnungen, bei denen persönliche Fragen und Scherzfragen gestellt werden durften. Die Rückmeldungen waren von beiden Seiten sehr positiv.
Welche nächsten Schritte planen Sie mit PROJEKT CH?
Wir werden die Funktionen ausbauen, in denen es darum geht, was im Parlament passiert. Brandneu ist unsere Übersicht über das Abstimmungsverhalten der Mitglieder des Nationalrates. Hier haben wir viele Ideen, wie wir den Bezug zwischen dem Volk und den gewählten Vertreterinnen und Vertretern verstärken könnten. Damit das klappt, braucht es jetzt ein Fundraising.
Die Berufliche Vorsorge ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Nach den Games für Demokratie könnten auch Games für das BVG ein gutes Potential haben. Hätten Sie – ganz spontan – eine Game-Idee?
Mela Kocher von der Zürcher Hochschule der Künste prägt den Begriff „Playification“. Bei diesem Ansatz geht es darum, Inhalte interaktiv und spielerisch zu vermitteln, sodass man in einem sicheren digitalen Umfeld zum Experimentieren eingeladen wird. Man könnte beispielsweise ein paar Zukunftsversionen „durchspielen“ und sehen, wie sich diese auf das Vorsorgevermögen auswirken könnten, sodass man ein Gespür dafür bekommt, worauf es bei der Vorsorge ankommt und wo die Chancen und Risiken sind – ohne dass man das eigene Vorsorgevermögen riskiert.
Über PROJEKTCH+
Im PROJEKT CH+ werden Apps für mehr Durchblick in der Schweizer Demokratie entwickelt. Denn in einer Demokratie haben alle etwas davon, wenn möglichst viele Leute mitdenken, abstimmen und wählen. Deswegen möchte PROJEKT CH+ die politische Selbstbildung einfacher zugänglich machen. Die CH+App gibt einen Überblick über die politischen Vertreterinnen und Vertreter, und DOPE Elections macht das Race Royale der Kandidierenden möglich. Und weil Wahlhilfen es selbstverständlich einen demokratischen Entwicklungsprozess brauchen, ist der Entwicklungsprozess der Applikationen von PROJEKT CH+ interaktiv. Es gibt laufend Umfragen und Abstimmungen, die die Mitgestaltung aller möglich machen. Ein demokratischer Approach für ein demokratisches Projekt. Das PROJEKT CH+ ist seit den eidgenössischen Wahlen 2019 aktiv.